Es war einmal ein Versicherungsunternehmer. Er war Chilene, und hatte seiner Frau ein Goldkettchen versprochen.
Dies war ein wenig problematisch, denn seine Frau trug aus Prinzip nur selbsthergestellten Schmuck und der Unternehmer war kein Goldschmied. Noch problematischer war, dass seine Frau auch noch verlangte, dass er das Gold selber finden sollte. "Ich will ein Geschenk von dir, nicht vom Goldschmied" pflegte sie zu sagen. Nachdem sich unser Unternehmer über nahgelegene Goldquellen informiert hatte war ihm eines klar: Gold würde er nur im Regenwald finden. Genauer gesagt: unter dem Regenwald!
In seiner Verzweiflung rief der Chilene alle Leute an, die er jemals
gekannt hatte. Dschungelexperten, Goldschmiede, Schatzsucher - irgendsojemand musste doch darunter sein. Und wirklich entdeckte er schließlich, auf einer alten Klassenliste, einen Menschen, der nicht nur erreichbar geblieben, sondern auch Goldschmied geworden war.
Er schilderte ihm den Fall (auch wenn, wie er sich erinnerte, gerade dieser Klassenkamerad ihm nie besonders sympathisch gewesen war)
"Tja, alter Freund!" rief der Goldschmied lachend, als er die Geschicte verstanden hatte, "Da hast du dir ja eine sehr anspruchsvolle Lady ausgesucht! Aber sag mal - was bist du eigentlich von Beruf?" - "Versicherungsvertreter" knirschte der
Versicherungsvertreter mit den Zähnen und hielt den Telefonhörer etwas von seinem Ohr weg, um der nächsten Lachsalve seines Gesprächspartners zu entkommen. "ja und warum schenkst du ihr dann nicht eine Versicherung?" Sehr witzig, 'alter Freund'! "erstens wäre das nicht sehr romantisch, findest du nicht auch? Zweitens: was glaubst du, was
ich in den ganzen Jahren gemacht habe? Wir feiern demnächst 20. Hochzeitstag! Also sei so gut und bring mit bei, wie man Gold schmiedet. Und kennst du vielleicht jemanden, der sich mit dem Dschungel auskennt?" Nach ein paar Minuten der härtesten Verhandlung über Sonderangebote und Policen zu sagenhaften Bedingungen war der alte Freund einverstanden und sie hatten einen Termin, an dem Der Versicherungsvertreter in die Grundlegenden Geheimnisse des Goldes eingeweiht werden sollte.
Einige Tage später rief ein Fremder an. Die ganze Rumtelefoniererei hatte sich doch gelohnt, irgend ein Bekannter eines Bekannten hatte einen Dschungelexperten und Schatzsucher aufgetrieben, der bereit war, sich die ganze Geschichte anzuhören.
"Lächerlich!" war sein Kommentar, "Einfach äußerst lächerlich! Ich sage dir eins, mein lieber: meine Frau würde sich das nicht trauen, solche Ansprüche zu stellen. Man muss sie sich nur richtig erziehen, die Damen. Ich rate dir: lass sie sausen, ich habe da eine cousine, die an Schönheit einfach unübertroffen ist..."
Der Vertreter wollte schon aufgeben, mit so einem Idioten hatte er eigentlich keine Lust, Geschäfte zu betreiben. Aber wenn er eins gelernt hatte in seinem Beruf, dann war es, auch mit den unsympatischsten Menschen ein Geschäft zur Beiderseitigen Zufriedenheit abzuschließen. Er ließ diese Tirade also unkommentiert und fragte nur nach den genauen Plänen zur
Goldfindung des Schatzsuchers.
"Die Sache ist die" erklärte dieser, "man muss zuerst eine genaue
Landkarte eines stücks Dschungel erstellen, mitsamt bodenanalyse. Dann weiß man genau, in welcher Richtung und in welcher Entfernung man nach dem Gold suchen muss. Ich kenne jemanden, der ganz genau weiß wie das geht, ein echter Experte im Schatzkartenerstellen, ohne je den Schatzplatz gesehen zu haben. Es ist ganz einfach: er untersucht den Wald und druckt uns eine Karte aus, nach der wir dann vorgehen.
Natürlich bekomme ich als kleine Gegenleistung... sagen wir 80
Prozent?" unser Held war nicht gerade in Stimmung und beließ es
deshalb dabei, ihn auf 60 Prozent runterzuhandeln. Er brauchte ja sowieso nur die Menge für ein Goldkettchen, und soviel würden sie schon finden. In trübe Gedanken versunken, horchte er erst nach ein paar Minuten wieder auf.
"Es gibt dabei nur ein klitzekleines Problem. Mein Freund kann nicht reisen, er ist schon seit langer Zeit an sein Labor gefesselt – das beste seiner Art auf der ganzen Welt - das natürlich nicht mobil ist.
Die Geräte sind so modern das jeglicher Gebrauch eigentlich schon eine Zumutung ist. Wie auch immer: Wenn der Prophet nicht zum Berg geht, muss der Berg zum Propheten... Sie kennen das." - "Was soll das heißen?" die Sache schien langsam ziemlich auszuarten.
"Das Labor steht übrigens in einer wunderschönen Urlaubsgegend, in der Nähe von Hommelvik" –
"Hommelvik" brummelte der Vertreter skeptisch "Was ist
das, ein Hustenbonbon?"
Doch Hommelvik war leider eine Stadt in Norwegen und kein Hustenbonbon (wobei sich der Versicherungsvertreter zugestehen musste, dass es ihm doch einfacher vorkam ein stück Wald nach Norwegen zu schaffen, als dasselbe auf ein Hustenbonbon. Allein schon der Grösse wegen).
Natürlich liessen sich die weiteren Beteiligten (Eine Zeppelingesellschaft, ein Lastschiffer, spezialisiert auf Grosstransporte, ein Grossgrundbesitzer, eine Grabemannschaft von 10.000 Mann, bzw deren Chef) allesamt mit besonders guten Konditionen vesorgen (diese Episode wurde im Büro unseres Herren noch Jahre später als das grösste Fiasko der Abteilungsgeschichte der Abteilung "Dschungeldiebstahls- und Grossbootversicherungen", welche vorher noch nie auch nur eine einzige Pämie hatte auszahlen müssen, gehandelt).
Nach 2 Wochen war ein vielversprechendes stück Land Ausgesucht und die Grabemannschaften rückten an.
Während sich die 10.000 Mann daran machten, 500.000 Kubikmeter Dschungel auszugraben, ohne den Naturzustand zu zerstören (denn sonst hätte man die teuren Maschinen ja gar nicht erst anwerfen brauchen, beim Umgraben wären die Goldstückchen ja so oder so zum Vorschein gekommen)
ging unser Vertreter in Goldschmiedelehre. Zunächst durfte er jedoch nur dabei zusehen, wie jemand, der dabei zugesehen hatte wie ein Goldschmiedlehrling einen Kettenrohling hergestellt hatte, diesen Vorgang panthomimisch darstellte. Nach zwei Tagen hatte er genug, und suchte den Meister auf, der sich auch sofort ans Werk machte.
"Gold!" deklamierte der Meister mit geheimnisvoller Stimme, "Das
Sonnenmetall, das unerreichte Ziel eines jeden Alchimisten,der Heiler aller Krankheiten!" ”Mentale wahrscheinlich nicht mitgerechnet,” dachte sich der Versicherungsvertreter und seufzte bei dem Gedanken daran, dass er eigentlich nur ein nettes Geschenk für seine Frau suchte - zum ersten Mal kam es ihm in den Sinn, dass die Sache doch allmählich auszuarten
schien...
Außerdem wurde ihm mit aller Deutlichkeit wieder vor Augen geführt, warum er seinen Klassenkameraden schon damals nicht hatte leiden können ("Der Priester" hatten sie ihn genannt) und so langsam kam ihm außerdem der Verdacht, der Goldschmied habe inzwischen seinen Guru gefunden. Er überlegte kurz, ob er nicht doch in den gelben Seiten nach einem anderen Goldschmied suchen sollte, dann kamen ihm jedoch die Preise in den Sinn,
die Leute veranschlagen konnten, die sich nicht als "alte Freunde"
bezeichneten, und ließ die Idee wieder fallen, auch wenn er bezweifelte, auf diese Weise jemals eine Kette herzustellen.
Und wirklich: bevor er dazu kam, auch nur einen kupfernen Kerzenhalter mit seinen eigenen Händen zu erschaffen ("fühlt man sich nicht von der Macht des Schöpfens durchflossen?" sagte sein Meister, bevor er die Arbeit von vorne bis hinten kritisierte und in Grund und Boden verdammte. Der Vertreter ließ sich jedoch nicht beirren oder etwa das gute Stück abschwatzen, und das war sein Glück, denn seine Frau erzielte später auf dem Weihnachtsbazar einen erstaunlich guten Preis dafür), bevor er also den ersten mickrigen Kerzenhalter in den Händen hielt, die
ihn selbst gemacht hatten, war schon das gesamte abgeteckte Terrain nach Norwegen transportiert und dort - im Labor versteht sich, wegen der ungleichen Klimabedingungen - aufgebaut worden. Der Forscher konnte mit seiner Arbeit beginnen, und er war übrigens der einzige, der seinen
Beitrag leistete, ohne etwas dafür zu verlangen: so eine Gelegenheit bietet sich schließlich nicht alle Tage, als Kind hatte er immer Dschungelforscher werden wollen und sich dann wegen mangelnder Sprachkenntnisse auf Norwegische Tannenwälder spezialisieren müssen, nun ja, auch das eine traurige Geschichte.
Und so geschah es, dass unter den staunenden Augen der Hommelvikinger, die sich die Nasen an den Treibhausfenstern plattdrückten, ein Urwald in all seinen WInkeln und Pflanzen vermessen wurde. Selbst die Ameisen und Affen wurden nicht vergessen.
Doch wärend die Maschinen noch rechneten, kämpfte unser Vertreter immernoch mit der Kunst des Goldschmiedens. Und mit seiner Fassung, der Goldschmied begann ihm nämlich allmählich auf die Nerven zu gehen.
"Bevor ich dich an mein Gold lasse, musst du erst jede Weisheit des Goldes in deinem Herzen tragen."
Und das war eine ganze Menge: Schmelz- und Siedetemperatur, chemische und physikalische Eigenschaften, alte Sagen und Mythen in denen Gold eine Rolle spielte, alle Schuld- und Wertanhäufungen der Staten in Gold und vieles mehr. Dem Vertreter wurde schwummerig vor Augen. Er konnte sich Zahlen ja so oder so nie merken, und dann sowas...
Es dauerte jedoch nicht lange, da begann er sich verschiedene kleine Fakten über Gold zu merken.
Nach 2 Wochen gelang es ihm sogar, die Schulden des States Papua-Neuguinea nicht nur in Karat, nein, sogar in Nanokarat anzugeben. Und auch in der praktischen Arbeit lief es gut:
Er hatte sich von Kupfer, über zinn und blei ("Unterschätze es nicht, es hat Eigenschaften, die denen von Gold sehr nah kommen.") zu Zink gekommen, und der Meister wusste sogar schon einiges zu Loben. In Kerzenhalter war er inzwischen so gut, dass er es erlaubt bekam, ein Bleikettchen zu schmieden. Zugegebenermassen war es keine sonderlich feine Kette und der Meister liess kein gutes Haar an ihr, aber der Versicherungsvertreter konnte sich in diesem Moment keinen schöneren Anblick vorstellen.
Zur gleichen Zeit wurde in Hommelvik eine Experdition in das
Gewächshaus, um ein paar Messgeräte anzubringen, als plötzlich eine der Maschinen Alarm schlug. "GOLD! GOLD! wir haben Gold gefunden!" Rief der leiter des Grabekommandos aus und alle, alle stürmten herbei. "HALT" schrie eine dröhnende stimme aus den Lautsprechern "Alle sofort in mein Büro. Unser südamerikanische Freund wollte das Gold schliesslich selber aus dem Boden buddeln."
So wurde nach ihm gesendet. Der Vertreter der gerade damit beschäftigt war, ein paar Zinnsoldaten für die Kinder zu schmieden, machte sich als die Nachricht
eintraf sofort auf den Weg ins Flugzeug.
Norwegen war ganz anders als bei ihm zu Hause. Erstaunt betrachtete er die Fjorde und Wälder, mit Bäumen wie er sie sonst nur von Weihnachtspostkarten kannte. "Das muss ich meiner Frau zeigen", dachte er immer wieder, "Wer hätte das gedacht, dass es auch in anderen Ländern so schön sein kann". Er war ganz begeistert, jedenfalls bis er Hunger verspürte und die landesübliche Kost probieren musste. Dieses Essen würde seine Frau niemals billigen. Noch als er bei dem Labor ankam, hatte er Magenschmerzen.
(Als findiger Vertreter wusste er natürlich sofort, wen er da zu rate ziehen musste: Sein alter Freund, ein Arzt, der eigentlich eine Kupferstecherausbildung gemacht hatte, riet ihm eine Aspirin mit ein wenig Schnaps herunterzuspühlen)
Die Spannung nahm kein Ende, doch um es Kurz zu machen: Er fand ein wenig Gold, machte eine Kette (die zugegebenermassen kein Meisterstück war, aber das hatte Madame ja auch nicht verlangt) und vermachte das Stück Urwald einem norwegischen Vergnügungsparkbetreiber, der ihn einpackte und nach Svalbart verschiffte. Auf dem Rückflug war unser Freund vorallem eines: Unglaublich erleichtert. So erleichtert, dass er sofort mit seinem neuen Buch anfing. Doch schon bei der Autorenabbildung stutzte er: Es war ein Nashorn
Was uns zu einer viel interessanteren Frage bringt:
Was bringt ein Nashorn dazu, ein Sachbuch über die psychischen Auswirkungen eines treibhauseffektgeschädigten Klimas auf deutsche Doggen zu schreiben?
Und (fast noch wichtiger):
Wer hat den Mut so etwas zu veröffentlichen?
PCB und MB 2007
Fortsetzung Folgt
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1 Kommentar:
Übrigens: die Etrusker waren wahre Meister im Goldschmieden. Erst im 19. Jahrhundert ist es in unermüdlicher Zusammenarbeit von Goldschmieden und Archeologen gelungen, die sagenhafte Technik zu rekonstruieren, nach der sie mikroskopisch kleine Goldkügelchen in geometrischen Mustern zur Verzierung auf zum Beispiel Ohrringen angebracht haben. Dafür waren sie in Keramik eher nicht so gut und ließen sie sich lieber von den Griechen liefern. Außerdem sind die Etrusker die eigentlichen Erfinder der Sicherheitsnadel, wahrscheinlich aus mangelnder Kreativität in der Modebranche. wers nicht glaubt, schaue im etruskischen Museum in Volterra (Toskana, Etruria) nach - ein sehr hübsches Städtchen übrigens auch für Alabasterliebhaber.
MB
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